Aber das ist alles Schnee von gestern. Niemand mehr ist wegen der Travestie und Bi-Sexualität von Richard O’Briens Musical Meisterwerk verlegen. So ist auch die Premiere der Wiederaufnahme des Wien-Gastspiels im Museumsquartier von der Wienwochen-Schulklasse bis zum rüstigen Senior sehr gut besucht. Anfängliche Befürchtungen meinerseits die Aufführung könnte am Übergroßen Vorbild zerbrechen, erweisen sich als unnötig. Vor allem über das Herz des Stücks – die Musik – und die ausgezeichneten Stimmen der fast ausnahmslos exzellenten SchauspielerInnen, wird die Aufführung (zum Glück im englischen Original) zu einem einem kurzweiligen Vergnügen, dass auch für einige Gänsehaut-Momente sorgt.
Infos zum Stück und Kartenvorverkauf unter:
www.rocky-horror-show.de und auf oeticket.com
Hält sich das Stück im ersten Teil noch fast dogmatisch am Film-Plot, so entwickelt sich im zweiten Teil eine durchaus eigene Bildsprache, die dem Original ebenbürtig ist.
Der charmante Einsatz von Projektionen und sehr rudimentären Bühnen-Elementen (da wird eine Eingangstür schon mal einfach so während des Songs von den Bühnenarbeitern hereingeschoben) sorgen für eine fast archaische Atmosphäre. Aber spätestens wenn die Stimmen erhoben werden weiß man, dass dies eine Produktion auf höchstem Niveau ist.
Einen großen Anteil am Erfolg des Abends muss der fünfköpfigen Band im Hintergrund zugeschrieben werden. Rockig, druckvoll, Energiegeladen und auch mit Spass an der Freud liefern sie nur leicht varierte Adaptionen der Klassiker. Einzig das eingeschoben Stück für Brad (Chris Ellis-Stanton) im zweiten Teil hätte man sich sparen können. Detto muss man festhalten, dass Alexander Goebel als “Erzähler” im Vergleich zum restlichen Ensemble abfällt . Seine “zweite Besetzung” Chris Lohner, wäre die zwar riskantere, aber vermutlich reizvollere Variante.
Was mir am Mittagstisch meiner Eltern noch die Schamesröte ins Gesicht getrieben hat, ist mittlerweile allgemeines Kulturgut geworden. Vielleicht nicht mehr ganz so verrucht, schmutzig und gefährlich wie es früher erschienen ist – aber immer noch ein Höllen-Spass.